Sagen Sie's den Steinen – Zur Gegenwart des Werks von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub
Ausstellung in der Akademie der Künste am Hanseatenweg
14. September bis 19. November 2017
Slideshow
Die Filme von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub lassen sich nicht ausstellen – sie widersetzen sich der beiläufigen Konsumierbarkeit. Sie sind fürs Kino gemacht, und es bleibt der beste Ort, um ihre politischen wie sinnlichen Dimensionen zu erfassen. Huillet-Straub nehmen ihr Publikum ernst und ihre Wertschätzung besteht darin, es nicht unterhalten zu wollen. Sie lassen die Zuschauerinnen und Zuschauer an ihrer Arbeit teilhaben, indem sie ihnen Arbeit abverlangen: zu sehen und zu hören. Und sie zeigen, was das Kino meist mit viel Aufwand verbirgt, dass es Arbeit ist, einen Text zu lesen oder vorzutragen, Musik zu komponieren und sie aufzuführen, eine Entscheidung zu treffen und ein Leben zu leben. In dieser Haltung liegt eine unschätzbare Großzügigkeit.
Was sich herausstellen lässt, zumindest ansatzweise, ist die Arbeit, die in den Filmen steckt, die unsichtbar bleibt, weil durch sie etwas anderes erst möglich wird. Es ist vor allem der Anteil von Danièle Huillet am Herstellungsprozess des gemeinsamen Werkes. Sie war Produzentin und Cutterin, Regieassistentin und Produktionsleiterin, Schauspielerin und Sprechtrainerin. In der Ausstellung finden sich vor allem Spuren ihrer Arbeit wider, die der Korrespondentin, der Vermittlerin, der Übersetzerin – zwischen imaginärer Realisierbarkeit und technischer Umsetzung. Eine Tätigkeit, die etwas auf den Punkt bringt, was Jean-Marie Straub unter „Kommunisten" versteht: Menschen, die in der Lage sind, ein gemeinschaftliches Leben und Arbeiten herzustellen, in Achtung vor der Erde, „der einzigen, die wir haben".
Kommunisten aus dem Jahr 2014, einer der letzten Filme von Jean-Marie Straub, ist eine Rückschau und Kompilation des gemeinsamen Schaffens in sechs Teilen. Diese bereits vorgegebene Auswahl strukturiert die Ausstellung und ermöglicht eine unmittelbare Begegnung mit dem Werk. Konstellationen verschiedener Dokumente greifen diese Setzung auf und führen in die Entstehungsprozesse, zu Orten und einem weiten Netzwerk von Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden, Unterstützerinnen und Unterstützern. Dazu haben sechs internationale Künstlerinnen und Künstler neue Arbeiten produziert, die ästhetische und topographische Fährten aufgreifen, diese weiterführen, kommentieren und wenden.
„Die Filme sind, wie sie sind, dank der Arbeit, die drinsteckt. (...) Und ein großer Teil der Arbeit, bevor und während man filmt, besteht darin, die Klischees zu vermeiden und in die Luft zu sprengen, zu ‚dynamitieren‘. Es gibt ein Wort, das vergriffen ist, das zum Klischee geworden ist: Es hat mit Dialektik zu tun. Donnerwetter! Man darf nie etwas sagen oder zeigen, wo nicht die Möglichkeit des Gegenteils als Widerstand darin zu spüren ist."
– Jean-Marie Straub
Künstlerische Arbeiten in der Ausstellung von:
Harald Bergmann, Renato Berta, Wilfried Böing, Robert Bramkamp/Susanne Weirich/Rembert Hüser/Hubertus Müll, Pedro Costa, Harun Farocki, Luisa Greenfield, Louis Henderson, Mike Jarmon, Michael Klier, Jan Lemitz, Armin Linke/Rinaldo Censi, William Lubtchansky, Volker Pantenburg, Maggie Perlado, Ekko von Schwichow, Oraib Toukan, Barbara Ulrich, Antonia Weiße, Ala Younis.
Filme von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub in der Ausstellung:
L‘Arrotino, R: Huillet/Straub, 2001, 7´
Dolando, R: Huillet/Straub, 2002, 7´
Kommunisten, R: Jean-Marie Straub, 2014, 70´
La guerre d‘Algérie!, R: Jean-Marie Straub, 2014, 2´
Omaggio all‘arte italiana, R: Jean-Marie Straub, 2015, 10´
Weitere Leihgaben für die Ausstellung von:
Bauhaus-Universität Weimar, Manfred Bauschulte, BELVA Film (Barbara Ulrich, Jean-Marie Straub), Manfred Blank, Filmmuseum München, Fondazione Cineteca di Bologna, Tobias Hering, Andreas von Rauch, Rainer Rother, Salzgeber & Co. Medien GmbH, Stiftung Deutsche Kinemathek, Viennale, Antonia Weiße.